In der Firma „Linde Haushaltsmöbel AG“ brach am Samstag, 23. Januar 1971, gegen 22 Uhr ein Feuer aus, das sich zur größten Brandkatastophe der Nachkriegsgeschichte in Mainz-Kostheim entwickelte. Die alarmierten Löschgruppen der Berufsfeuerwehr Wiesbaden und der Freiwilligen Feuerwehr Mainz-Kostheim versuchten unter schwierigsten Bedingungen den Brandherd zu finden. Das Feuer wütete anfangs in der Förderbandhalle. Die Erkundungsbemühungen der Feuerwehr wurden durch schlechten Zugang, starke Rauchentwicklung, kleine Explosionen und brennenden Kunststoffbelag erschwert. Das Feuer breitete sich rasch aus und der Einsatzleiter gab Großalarm. Um Mitternacht wurden die Berufsfeuerwehr Mainz und alle Freiwilligen Feuerwehren aus dem Rhein-Main-Gebiet alarmiert. Für benachbarte Wohngebiete bestand so große Gefahr, dass man ihre Evakuierung vorbereitete. 24 Krankenwagen, sechs Notärzte und mehr als 100 Sanitäter standen bereit, da größere Explosionen zu befürchten waren. Insgesamt waren mehr als 1000 Feuerwehrmänner und über 25 Löschfahrzeuge am Brandort im Einsatz. Weil das Löschwasser aus dem Rohrnetz nicht ausreichte, wurde Wasser aus dem Floßhafen über die Kostheimer Landstraße zu den 1,5 Kilometer entfernten Löschpumpen gefördert. Als am Sonntagmorgen das Feuer fast unter Kontrolle war, ereignete sich eine Tragödie: Gegen 5.55 Uhr barsten die Träger des zweistöckigen Mittelbaues, die Wände knickten zusammen, die Decken stürzten ein und ein gemauerter Brennofen krachte danach durch zwei Decken. In den Trümmern wurden der Einsatzleiter der Berufsfeuerwehr, Technischer Amtmann Kurt Windrich, und Feuerwehrmänner begraben. Zehn Männer konnten schnell befreit werden. Sie erlitten Rauchvergiftungen, Verbrennungen 1. bis 3. Grades, Platzwunden und Knochenbrüche. Drei Feuerwehrmänner wurden tot geborgen: der Technische Brandamtmann Kurt Windrich (53) von der Berufsfeuerwehr Wiesbaden, der Oberfeuerwehrmann Albert Scheurich (27) von der Berufsfeuerwehr Wiesbaden und der Feuerwehrmann Karl-Heinz Bremser (18) von der Freiwilligen Feuerwehr Schierstein, der zum ersten Mal an einem Einsatz teilgenommen hatte. Das Feuer war am Sonntag, 24. Januar 1971, gegen 12 Uhr unter Kontrolle.
Bergungstrupps und Brandwachen befanden sich noch am Unglücksort, als am Dienstag, 26. Januar 1971, gegen 5 Uhr bei der „Linde Haushaltsmöbel AG“ ein zweiter Großbrand ausbrach. Während eines starken Sturms mit Windstärken von 5 bis 6 hatte sich in nicht zugänglichen Teilen des Lagerhochhauses mit Ecktürmen von etwa 40 Metern Höhe durch Brandnester ein Brand entwickelt. Die Rauchwolke über der Firma war im gesamten Rhein-Main-Gebiet sichtbar. Um 5.15 Uhr stürzte die Außenmauer des Hochhauses zusammen. Weil in dem Gebäude etwa 25000 Liter hochexplosive Nitrolackverdünnung, 80000 Liter Benzin und hochexplosive Kühlflüssigkeit lagerten, war ganz Mainz-Kostheim in Gefahr. Rund 200 Männer der Hessischen Landespolizei sperrten die Umgebung ab, der Bahnverkehr der Linie Wiesbaden–Frankfurt am Main wurde zeitweise umgeleitet und die Bundesstraße gesperrt. Angrenzende Wohn- und Fabrikgebäude sowie die Maaraue, auf der sich viele Zuschauer befanden, wurden geräumt. Ein Funkenregen von glühenden und brennenden Kunststoffteilen und Verpackungsmaterial flog Hunderte von Metern weit über die Bundesstraße, den Gückelsberg, die Siedlung und über die Hochheimer Straße und beschwor die Gefahr weiterer Brände herauf. Vorsorglich besprühte man Wohnhäuser, Fabrikgebäude, Lager, Sägewerke mit Holzlagerplätzen und eine Tankstelle mit Löschwasser. Oft mussten durch Funkenflug entstandene Brandnester bekämpft werden. Die an der Brandstelle eingesetzten Löschtrupps mussten wegen einstürzender Mauerteile mehrfach zurückweichen. Zur eventuell erforderlichen Evakuierung der Bevölkerung standen Omnibusse bereit. Gegen 17 Uhr war der Großbrand endlich unter Kontrolle. Am Montag, 1. Februar 1971, fand in der Hauptfeuerwache in Wiesbaden eine ergreifende Trauerfeier für die drei Todesopfer des ersten Großbrandes vom 24. Januar 1971 statt. Die Berufsfeuerwehr Wiesbaden sprengte am 2. Februar 1971 einen durch den Brand baufällig gewordenen Eckturm des Lagerhochhauses.
Literatur zum Thema:
https://www.amazon.de/dp/1721540504/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1533196521&sr=8-1&keywords=5000+Jahre+Kostheim
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